Ayuryoga — so kannst du Ayurveda in deine Yoga Praxis integrieren
Yoga trifft Ayurveda
Dieser Artikel ist ein Gastartikel von Sarah Appelt von Chalo Reisen
Bei der Namenswahl für einen Yoga, bei der wir gezielt das Wissen um den Ayurveda mit einfließen lassen, ist dem Einfallsreichtum keine Grenze gesetzt. Vor allem wenn du ein kreativer Vata Typ bist. Beim Pitta Typen wird die Bezeichnung des Yogastils wohl eher praktischer Natur sein, dass was die Praxis auf den Punkt bringt. Wohingegen der Kapha Typ es wohl bei unaufgeregt bei „Yoga mit Ayurveda“ belassen wird.
So unterschiedlich die Namenswahl sein kann, so verschieden wird auch der Yoga für die verschiedenen Konstitutionstypen, wenn du die Prinzipien des Ayurvedas einfließen lässt. Dass die beiden vedischen Schwesternwissenschaften unglaublich gut zusammenpassen und gemeinsam zu einem sehr ganzheitlichen, gesunden und bewussten Lebensstil führen, ist bekannt.
Yoga & Ayurveda — Die beiden Schwesternwissenschaften
Gerade, weil beide Gesundheitssysteme einen etwas anderen Fokus haben, ergänzen sie sich ideal. Der Ayurveda setzt etwas mehr auf das körperliche Wohlbefinden und der Yoga letztendlich auf die geistige Ausgeglichenheit. Lebst du in deinem Alltag nach den ayurvedischen Grundrichtlinien und übst du regelmäßig Yoga, tust du schon ziemlich viel für dein ganzheitliches Wohlbefinden.
Doch wie kannst du die Prinzipien des Ayurvedas noch gezielter in deine eigene Yoga Praxis einbeziehen, sodass diese sich noch runder, fließender und „richtiger“ anfühlt? Dazu möchte ich dir in diesem Artikel ein paar Tipps geben. Diese Tipps richten sich ganz nach dem Ayurveda. Hier gilt: Lebe deine Konstitution.
Gleiche Ungleichgewichte durch gegensätzliche Praktiken aus. Sei in Harmonie mit deiner Umwelt.
#1 Praktiziere Intuitiv
Sowohl im Yoga, als auch im Ayurveda geht es darum, in dein eigenes Gleichgewicht zu finden und gleichzeitig deine Konstitution zu leben. Aus dem Ayurveda weißt du, dass wir alle eine ganz individuelle Grundkonstitution haben, die auf die unterschiedlichen Anteile der drei Doshas Vata, Pitta und Kapha in uns beruht. Je nachdem welches Dosha zu welchem Anteil in dir vorhanden ist, hast du deine ganz eigenen körperlichen und geistigen Fähigkeiten. Um in deinem vollen Potenzial zu sein, gilt es, diese zu leben. Dies gelingt dir am besten, wenn du deine Yoga Praxis nicht mit dem Kopf steuerst, sondern aus deiner Intuition heraus.
Dafür komme am besten am Anfang deiner Yoga Praxis in einem meditativen Zustand, in dem du aufrecht sitzt, erst einmal ein paar Mal tief atmest und so den Fokus nach innen bringst. Und dann schau, was passiert. Wonach sehnt sich dein Körper, welche Bewegungen wollen kommen? Vielleicht wird es eine ganz sanfte Praxis, bei der du viel liegst und in Bodennähe Kraft sammelst. Oder du übst einen sehr fließenden Yoga, bei dem du von einer Asana in die nächste gleitest. Es kann aber auch ein sehr kraftvoller Yoga entstehen, bei dem du den Yoga als Ventil nutzt, um aufgestaute Energie abzubauen. Egal was auf der Matte für dich passiert, es wird genau das Richtige sein, um dich in deine eigene Balance zu bringen ohne eine vorbereitete angeleitet Yogastunde.
Wenn du zum Beispiel so ganz instinktiv praktizierst und ein Vata Typ bist, wird in der Regel deine Praxis sehr kreativ werden. Beim Pitta Typen kann die Praxis hitziger und fordernder sein. Der Kapha Typ wird eher einen Yoga machen, der etwas kraftvoller ist und langes Halten beinhaltet. Doch keine Regel ohne Ausnahme.
#2 Wenn du in einem Ungleichgewicht bis, gleiche aus
Eine intuitive Praxis führt ganz automatisch dazu, dich zurück in deine Balance zu bringen, solltest du in einem Ungleichgewicht sein. Ist das Vata, Pitta oder Kapha Dosha in dir erhöht, gilt es den Überschuss auszugleichen.
Vata Ungleichgewicht: Hast du ein erhöhtes Vata Dosha, dann bist du vielleicht sehr unruhig, ängstlich und gestresst. Vielleicht hast du auch viel an Gewicht abgenommen und deine Haut ist sehr trocken oder dir ist kalt. Dann wird dir ein Yoga gut tun, bei der du sehr erdend arbeitest, mit ruhiger tiefer Bauchatmung und langen, konzentrierten und sanften Haltungen. Ebenso genießt du jetzt Vorbeugen. Auch Stand- und Gleichgewichtshaltungen, bei denen ein Fokus gesetzt werden muss, können hier ausgleichen. Das Chanten von Om wird dir gut tun. Ein langes Shavasana zum Anfang und am Ende der Stunde ist jetzt hervorragend. Am besten in Kombination eines Bodyscans oder du findest einen anderen Fokus. Sonst kann es passieren, dass deine Gedanken überall sind, nur nicht im hier und jetzt. Wenn dir sehr kalt ist, übe wärmende Atemübungen wie Surya Bedha Pranayama oder Ujay.
Pitta Ungleichgewicht: Du fühlst dich überhitzt, bist überreizt und in dir steckt der Ärger? Momentan bist du sehr einzelgängerisch unterwegs und ziemlich egozentrisch? Du hast Entzündungen im Körper und es stößt dir sauer auf? Bei einem Pitta Ungleichgewicht gilt es kühlend zu arbeiten. Dafür eignen sich sanfte Mondgrüße, kühlende Pranayama wie Chandra Bedha Pranayama oder Shitali, Yin Yoga oder restauratives Yoga und Mantra Meditationen, wo der Leistungsanspruch in den Hintergrund rückt. Aber auch herzbetonte Asanas, Arbeit mit dem Anahata Chakra und die Meditation der liebenden Güte, bringt dich zurück in die Balance. Gerade bei einem zu hohem Pitta, tun Lach- und Partneryoga sehr gut, wenn du dich einfach einmal darauf einlässt. Beende deine Praxis auf jeden Fall mit einer Meditation!
Kapha Ungleichgewicht: Du fühlst dich träge, lustlos und schwer? Du leidest an Wassereinlagerungen, Übergewicht oder Erkältungen mit viel Schleimbildung in deinen Atmungsorganen? Dann ist eventuell dein Kapha Dosha erhöht. Um dich wieder ins Gleichgewicht zu bringen, arbeite aktivierend und komme in Bewegung. Bring dich bei deiner Yoga Praxis etwas zum Schwitzen! Anfänglich wird das viel Überwindung kosten, aber sobald du in der Praxis bist, merkst du, wie du in Schwung kommst. Überhaupt solltest du mit einem Kapha Ungleichgewicht viele Schwingen, vor uns zurück, hin und her und auch überkreuz praktizieren. Fordere dich mit koordinativen Bewegungen, Gleichgewichtshaltungen, Rückbeugen und vielen Sonnengrüßen. Aber aufgepasst: Übe so, dass du auch noch Motivation für den nächsten Tag hast.
Eine tolle Atemtechnik um die Lungen frei zu bekommen sind Kapalabhati und der Gorilla Atem. Bei letzterem atmest du tief ein und hältst nun die Luft eingeatmet an. In der ersten Runde tippelst du mit den Fingern den gesamten Brustkorb ab, bist du die Luft nicht mehr halten kannst. Dann atmest du mit geschürzten Lippen stoßweise aus. Hände abgestützt auf den Knien. In der zweiten Runde schlägst du mit den Handflächen und in der dritten Runde trommelst du mit den Fäusten. Auch der wärmende Ujay Atem ist ein wunderbarer Begleiter während der gesamten Yoga Praxis bei zu viel Kapha.
Bei einer Kapha Störung eignen sich die Gehmeditation oder Meditationen mit gutem Fokus, über die Atmung oder Konzentration auf ein Chakra. Sonst kann es passieren, dass du einschläfst. Ein Shavasana am Ende hast du dir dann aber wirklich verdient.
#3 Modifiziere Yoga Asanas und Pranayamas, während einer Gruppenyoga Stunde oder bei einer angeleiteten Yoga Stunde
Der Kern des Ayurvedas ist die Einzigartigkeit eines jeden Individuums mit unterschiedlichen Bedürfnissen. Vielleicht übst du noch wenig Yoga für dich allein und liebst es, von einem Yogalehrer angeleitet zu werden und genießt die Energie im Raum während einer Yogastunde in der Gruppe. Seinen individuellen Bedürfnissen während einer geführten Yoga Stunde in der Gruppe nachzugehen, kann jedoch manchmal schwierig sein. Doch sicherlich hast du schon gehört, dass du selbst dein bester Yoga Lehrer bist.
Spüre also auch in einer angeleiteten Stunde, ob in Präsenz oder aufgezeichnet, in dich hinein und verändere Haltungen oder Atemübungen, wenn es sich für dich genau heute besser anfühlt. Auch hier höre ganz auf deine Intuition, ob du vielleicht früher aus der Asana und hinein in die Kindshaltung gehen möchtest, ob du eine fortgeschrittene oder modifizierte Variante übst, länger hältst oder einfach nur in Shavasana die gute Energie um dich herum genießt.
Ein kleiner Hinweis: Sei dennoch achtsam genug, deinen Yoga Lehrer nicht zu irritieren, wenn du etwas ganz anderes übst, als gerade angeleitet wird.
#4 Achte auf Tageszeiten, Jahreszeiten, deinen Zyklus und dein Alter
Sicherlich weißt du, dass die drei Doshas nicht nur uns, sondern als Bioenergien unsere gesamte Umwelt beeinflussen. So dominiert jedes Dosha eine unterschiedliche Tageszeit, Jahreszeit, einen Menstruationszyklus- und Lebensabschnitt. Auch hier kannst du versuchen, deine Yoga Praxis anzupassen. Finde dabei ein gutes Mittelmaß, die Energie des Doshas sowohl zu leben, als auch zu regulieren.
Tageszeiten im Ayurveda:
- 2 bis 6 Uhr: Vata Zeit
- 6 Uhr bis 10 Uhr: Kapha Zeit
- 10 Uhr bis 14 Uhr: Pitta Zeit
- 14 bis 18 Uhr: Vata Zeit
- 18 bis 22 Uhr: Pitta Zeit
Beispiel Praxis angepasst an die Tageszeit: Am Morgen übe eine energetisierende Yoga Stunde, bei der du das kraftvolle Kapha nutzt um eine starke Praxis zu haben. Gleichzeitig versuche die Trägheit des Kapha Doshas mit viel aktiven Atmungen und schwungvollen Asanas abzuschütteln.
Die Jahreszeiten im Ayurveda
- Später Winter und Frühling: Kapha Zeit
- Sommer: Pitta Zeit
- Herbst und früher Winter: Vata Zeit
Beispiel Praxis angepasst an die Jahreszeit: Im heißen Sommer mache viele kühlende Pranayama, übe nicht während der heißesten Tageszeit und wähle lieber einen Yoga Stil, bei dem du nicht zu sehr ins Schwitzen kommst. Anstelle von Asthanga Vinyasa, ist SUP Yoga auf dem Wasser eine gute Wahl, bei der auch gern einmal ein Sprung ins kühle Nass gewagt werden darf.
Menstruationszyklus aus ayurvedischer Sicht
- Blutungen: Vata Dosha
- Bis zum Eisprung Kapha Dosha
- Eisprung bis Blutungen: Pitta Dosha
Beispiel Praxis angepasst an den Monatszyklus einer Frau: Während deiner Periode sei sanft zu dir, mach es dir für eine ruhige Yin Praxis oder restauratives Yoga gemütlich und übe mit viel Wärme.
Lebensabschnitt aus ayurvedischer Sicht:
- Kindheit: Kapha Dosha
- Jugend bis mittleres Alter: Pitta Dosha
- Fortgeschrittenes Alter: Vata Dosha
Beispiel Praxis angepasst an dein Alter: Wenn du mitten im Leben stehst, nutze sowohl die aktive Power Energie für eine intensive Praxis, die dich fordert und dir Spaß macht, achte aber darauf, nicht zu übertreiben und höre in dich hinein, ob dein Pitta auch hin und wieder einen Ausgleich in Form einer ruhigen Yin Yoga oder spaßigen Partner Yoga Stunde braucht.
Fazit zum Ayuryoga
Du siehst, Yoga nach den Ayurvedischen Prinzipien zu üben, ist eigentlich ganz einfach. Du spürst einfach nur in dich hinein, was du gerade brauchst. Dafür sind natürlich viel Achtsamkeit und eine gute Selbstkenntnis vorab nötig. Manchmal kann es etwas schwierig für dich sein, zu erkennen, ob du eher das volle Potential des vorherrschenden Doshas in dir oder in deiner Umwelt nutzen kannst, um ganz in deiner Yoga Praxis aufzugehen und Erfüllung zu erfahren. Oder ob du eher ausgleichend arbeiten solltest, um wieder in deine Balance zu kommen. Experimentiere hier einfach ein bisschen, schule deine Innensicht und schon bald, wirst du selbst zum Experten für Ayuryoga.
Sarah Appelt lebt seit 2009 in im indischen Himalaya. Sie absolvierte zahlreichen Ausbildungen im traditionellen Yoga und Ayurveda in verschiedenen Yoga Schulen, Ashrams und Ayurveda Kliniken in ganz Indien. Spezialisiert ist sie im ganzheitlichen Yoga, Ayuryoga, sowie Mantra- und Klangyoga. Sie bietet Yogareisen, Yoga Trekking, sowie Yoga und Ayurveda Retreats in Ashrams, Kliniken und Resorts in ganz Indien an.